Mit psychischer Erkrankung studieren

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Das Studium ist meist für Studierende eine aufregende und prägende Zeit, in der sie neue Erfahrungen machen, Wissen erlangen und sich persönlich weiterentwickeln. Jedoch können sich psychische Erkrankungen, wie z.B. Depressionen, Soziale Phobien, Zwangs-, Angst- oder Essstörungen, erheblich auf die Durchführung des Studienalltags auswirken bzw. weitere Herausforderungen mit sich bringen.

Diese Auswirkungen sind stets individuell zu betrachten, können sich aber sehr vielfältig gestalten. Sie müssen aber zusätzlich zum Studium bewältigt werden.

Beispiele für Auswirkungen einer psychischen Erkrankung auf den Studienkontext können sein:

- Psychische Erkrankungen und die z.T. damit verbundene Einnahme von Psychopharmaka können sich symptomatisch negativ auf die kognitive Funktion und das Konzentrationsvermögen von Betroffenen auswirken. Dies hat seinerseits zur Folge, dass es zu einer Verschlechterung der zu erbringengenden Leistung im Studium kommen kann. Studierende können dabei Schwierigkeiten haben, sich über einen langen Zeitraum zu konzentrieren, Informationen zu verarbeiten und sich selbst zu motivieren. Langfristig kann dies behinderungsbedingt zu einer verminderten Produktivität im Studium und somit zu einer Benachteiligung bei der Leistungsbewertung durch Lehrende führen.

- Zudem haben Studierende mit psychischen Erkrankungen ein erhöhtes Risiko, ihr Studium vorübergehend oder z.T. auch dauerhaft unterbrechen zu müssen. Die Symptomatik ihrer Erkrankung kann dabei so stark sein bzw. werden, dass es für Betroffene immer schwieriger wird, den Anforderungen des Studiums (noch) gerecht zu werden.

- Psychische Störungen können sowohl im Studium als auch im Alltag zu einer sozialen Isolation führen. Im Zuge dessen ziehen sich betroffene Studierende immer stärker aus Kontakten zu Kommiliton*innen zurück und meiden zugleich auch soziale Aktivitäten. Sie können dabei auch Schwierigkeiten haben, neue Freundschaften überhaupt zu schließen oder bestehende Beziehungen zu pflegen. Langfristig kann dies zur Einsamkeit führen, was wiederum das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit weiter beeinträchtigt.

- Für Studierende mit einer psychischen Erkrankung ist Stress und Überlastung ein großes Thema, da sie hierauf behinderungsbedingt sehr sensibel reagieren und Schwierigkeiten im Umgang damit haben können. Der hohe Leistungsdruck und die Anforderungen des Studiums können daher u.U. die Symptome ihrer Erkrankung verstärken, was schließlich in einen Teufelskreis aus Stress und Verschlechterung der psychischen Gesundheit führen kann.

- Betroffene mit psychischen Störungen können auch sich selbst stigmatisieren, was mit einem eigenen starken Schamgefühl einhergeht. Im Zuge dessen schämen sie sich für ihre Erkrankung und entwickeln verstärkt negative Überzeugungen über sich selbst. Dies kann ihre Selbstachtung und ihr Selbstvertrauen sehr stark beeinträchtigen. Auf diese Weise wird es für sie noch schwieriger, sich die Unterstützung im Studium zu suchen und anzunehmen, die sie dringend benötigen.

- Weitere Auswirkungen einer psychischen Erkrankung auf das Studium können außerdem eine verminderte Motivation am Studium, Schwierigkeiten beim Zeitmanagement und bei der Organisation, emotionale Belastungen sowie Stimmungsschwankungen sein.

Die Auflistung zeigt, dass Studierende mit psychischen Erkrankungen oftmals ein schweres Päckchen zusätzlich zum Studium tragen müssen. Dennoch sollte dies kein Hindernis oder Ausschlusskriterium bzgl. dem Studium sein. Vielmehr gilt es zu beachten, dass im Hochschulkontext verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten existieren, die zur Kompensierung der behinderungsbedingten Nachteile, zur Entlastung und Stabilisierung während dem Studiums beitragen können.

Es folgt ein kurzer exemplarischer Überblick:

- Es können Nachteilsausgleiche (= modifizierte Studien- und Prüfungsbedingungen) an der Hochschule beantragt werden, wie z.B. Zeitverlängerungen im Prüfungskontext, Prüfungsmodifikationen, angepasste Prüfungszeiten, eigenes Prüfungszimmer und Entzerrung des Studiums (siehe Nachteilsausgleiche im Studium).

- Zudem kann auch eine Studienassistenz, z.B. zur Begleitung an die Hochschule, als Unterstützung bei der Kontaktaufnahme mit Kommiliton*innen und der Strukturierung des Studiums beantragt werden (siehe Behinderungsbedingter Mehrbedarf & Teilhabe an Bildung - gemäß § 112 SGB IX).

- Zusätzlich bieten die Hochschulen Beratungsangebote an, die auch von Studierenden mit einer psychischen Erkrankung genutzt werden können. Hierzu gehören u.a.: Psychosoziale, soziale und psychologische Beratungsmöglichkeiten sowie die Unterstützung durch die Beauftragten für Studierende mit Behinderung / chronischer Erkrankung (siehe Datenbank). Darüber hinaus bieten verschiedene Studierendenwerke ebenfalls psychosoziale sowie psychologische Beratungen an. In diversen Städten in NRW gibt es auch sog. „Sorgentelefone" oder kirchliche Beratungsmöglichkeiten. Diese Angebote können bei der Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung helfen.

- Eine weitere Form der Unterstützung für Studierende mit einer psychischen Erkrankung ist auch die Begleitung durch eine*n Therapeut*in sowie der regelmäßige Austausch in Selbsthilfegruppen. Auf diese Weise können Erfahrungen sowie Ressourcen geteilt und sich im gemeinsamen Gespräch untereinander gestärkt werden.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass jeder Mensch einzigartig ist und es keine allgemeingültige Vorgehensweise im Studium mit psychischer Erkrankung gibt. Jede*r sollte individuell für sich entscheiden, was am besten zu ihrer*seiner Situation passt. Betroffene sollten aber immer daran denken: Sie sind nicht allein und Unterstützung ist vorhanden, um das eigene Studium erfolgreich absolvieren zu können.

Weiterführende interne Links:
>> Definition „psychische Erkrankung"

>> Situation von Studierenden mit psychischer Erkrankung im Hochschulkontext


>> Nachteilsausgleiche im Studium

>> Behinderungsbedingter Mehrbedarf & Teilhabe an Bildung - gemäß § 112 SGB IX

>> Link zur Datenbank

Weiterführende externe Links:
>> irrsinnig menschlich: Psychisch fit studieren

>> DSW: Finden Sie hier Ihre Ansprechperson für psychologische Beratungen